-Live Review-
Nürnberg Hirsch Januar 2002
Es war einmal an einem Montag im August des Jahres 1992, als Klein-Harry eine Band namens AXXIS in der Schweinfurter Rockfabrik das erste Mal sah. Seitdem fesselten mich die bombastischen Hardrocknummern der Münsterländer Sympathisanten so dermaßen, daß man fast von einem AXXIS-Fetisch sprechen könnte. Am 23. Januar 2002 wurde meine Begierde im Nürnberger Hirsch zum siebten Male befriedigt ... 100 Prozent AXXIS, so, wie sie anno 1990 im Plattenregal standen und seitdem sich mit dem Banner das am meisten verkaufte Debüt einer deutschen Hardrockformation aller Zeiten (für Kingdom of the Night) schmücken können. Jetzt sind Bernhard Weiss und seine Mannen wieder da. Ihre Pudellocken und Fönfrisuren haben sie zwar schon unlängst an den Nagel gehangen, nicht aber ihren Bombast-Hardrock, der jedermann gnadenlos an den Eiern packt.
Die aktuelle Eye of the Darkness - Tour deckt ganz Europa ab.
Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich .... Insgesamt 24 Gigs, mit einem
Hammerpaket. Kamelot, die
sich nicht gerade zu oft in Deutsche Breitengrade verlaufen und die Newcomer
Cyberya setzten dem Bilderbuchkonzert das bekannte i-Tüpfelchen
auf. Rund 500 Hardrock- u. Metaljünger waren im Hirschinneren aus dem
Häuschen. 19 Eurolein waren für diesen bombastreichen Abend keineswegs
zuviel.
Well then - let´s go:
Die Wupperthaler Powermetaler Cyberya erwartete ich mit einem sehr zwiespältigen Gefühl in der Magengegend - allein schon der Name schreckt meines Erachtens sehr ab. Zu sehr modern, zu futuremäßig, zu glattgeleckt klingt dieser ... aber so kann man sich täuschen! Für mich steht fest: Cyberya ist im Powermetal-Bereich DIE Neuentdeckung des Jahres. Wäre jetzt schon Dezember, wären sie es garantiert auch noch. Noch nie, ich wiederhole, noch nie machten die Songs eines Openers der Meute so viel Feuer unterm Arsch. Was den melodiösen Powermetalsongs, gespickt mit einer gehörigen Portion an Elektronik zu Gute kommt, war die Tatsache, das der Sound nicht nach unten gedreht wurde, sondern, Headliner-like brav auf Zehn gedreht und anhaltend sauber durch die Boxen gejagt wurde. Goldkehlchen Paul Dahlmann konnte seine Freude über die Tour-Crew dem Anlaß passend gar nicht richtig ausdrücken und schnurstracks feuerten die vier Jungs und eine Frau am Keyboard den nächsten Kracher von der Bühne. Songs, die allesamt von dem im Oktober letzten Jahres erschienenen Debütalbum Mindcontrol stammen. Besonders der harte, zweistimmige Gesang von Sänger Paul Dahlmann (aussehenstechnisch eine Mischung aus Jon Schaffer von Iced Earth / André Olbrich von Blind Guardian) und Gitarristen Oliver Lux haute das Ohrenschmalz aus den Lauschern. Ein akustisches Schauspiel zwischen Die Schöne und das Biest könnte man sagen. Ein diabolisch, fieser, True-Metal-angehauchter Death-Metal-Röhrer meets astreine, klare True-Metal-Silberstimmbänder. Danke Cyberya, für diese elektrisierende Show. Danke Cyberya für hammerstarke Songs, die sofort ins Blut übergehen. Danke Cyberya für die Rolle des besten Supportact ever. Ich werde euch in mein Abendgebet aufnehmen; das euch, wie ihr gesagt hattet nach dieser Tour viel erwarten möge ... In diesem Sinne singe ich weiter im Geiste euren Rausschmeister Digital Heros ... We are, Digital Heros, we are the Bits and the Bites! Wow!
Nach solch einen fulminaten Opener war es schwierig, hier noch eines drauf setzen zu können. Und so war es nur allzu verständlich, daß nach dem kräftigen Gesang und powerreichen Gitarrenbrett von Cyberya die gefühlvoll dargebrachten Songs von Kamelot etwas untergingen. Auch wenn viele Anwesenden in Goldkehlchen Roy Khan den lieblich zarten Schwiegersohn von Nebenan sahen, so ist definitiv fakt, das es keine langen Haare braucht, um Metal zu sein. Roy Khan, seineszeichens Norweger, der im Jahre 1997 das Mikro der mayestätischen Kamelot´s übernahm, stempelte mit seinem Charme den neun dargebotenen Songs einen ganz besonderen Stempel auf. Zwar verlor sich seine Stimme bei hohen Passagen irgendwo im Nirwana, doch der Wille allein, so hoch hinauf kommen zu wollen, zählt.
So schnell Kamelot mit Forever loslegten, so schnell war es mit dem Titelstück der neuen Platte Karma auch schon wieder vorüber. Trotz starken, melodiösen Songstücken wirkte die Performance irgendwie farb- und klanglos. Es wird wohl daran gelegen haben, das Cyberya ihnen die Wurst vom Brötchen gestohlen haben ... der Bessere gewinnt!
Aufgrund dessen, das Kamelot auf dem Schlagzeug von AXXIS spielte, sollten die Umbauarbeiten relativ flott von statten gehen. Doch erstens kommt es manchmal anders, zweitens als man denkt. Ein paar lange Minütchen dauerte es schon, bis Ritchie Michalski das Drumpodest erklomm, Vorzeigegitarrist Guido Wehmeyer seine Axt umsattelte, Nesthäkchen Kuno Niemeyer den Bass zupfte, Zottelviech Harry Oellers in die Tasten haute und last not least Gesangssirene Bernhard Weiss ins Mirko sang und scherzte. Was folgte, war eine zweistündige Musik- und Comedyshow, bei der Frontmann Bernhard Weiss den Hauptdarsteller darstellte. Neben glasklaren und druckvollem Gesang scherzte die Frohnatur was das Zeug hielt. Immer zu Scherzen aufgelegt und keine Scheu davor, sich mit Quertreibern im Publikum spaßig anzulegen, brannte die Quasselstrippe mit seiner Mannschaft ein Feuerwerk der Klangkünste herunter. Apropo Späßle: Ein gewisser Eberhard bekam auf der Bühne besonders sein Fett weg. Ein guterhaltener 50er, der hinter mir brüllte ohne Ende, fiel dem AXXISeraner sofort auf und spontan wurde dieser auf die Bühne geholt. Mit diesem wurde dann ein wenig Na Na Na, Hey, Hey - Goodbye gesungen - natürlich erst nachdem, als dieser aus einem Luftballon eine Lunge voll Helium nahm. War ein netter Spaß.
Spaß hin, Spaß her - im Mittelpunkt stand die Musik. Eine Rakete nach der anderen wurde gezündet: Brother Moon, My little Princes oder Heaven in Black. Kuckt man sich die Setlist an, macht diese eindeutig deutlich, das AXXIS wieder ins Königreich der melodiösen Bombastklänge zurückgekehrt sind. Und noch etwas kristallisiert sich beim Studium der Setlist heraus. Aufgrund dessen, das die gespielten Songs im Internet von den AXXIS-Fans gewählt worden sind, bestätigt sich nun die ohnehin schon offizielle Tatsache, das der 1995 Output Matters of Survival und das 1997er Schandstück Voodoo Vibes bei Fans (und Kritikern) mit Pauken und Trompeten durchgefallen ist. Kein einziger Song wurde von diesen beiden Alben gespielt. Da ich gerne mit Zahlen jongliere, hier die offizielle Statistik: Vom aktuellen Album Eye of the Darknes wurden 5 Songs - ausschließlich in der ersten Hälfe des Konzertes - gespielt. Das Vorgängeralbum Back to the Kingdom kommt ebenfalls auf 5 Songs. 4 Auszüge waren aus dem The Big Thrill - Album zu hören, 3 aus Axxis II und zwei Klassiker wurden aus dem Debütalbum Kingdom of the Night zum Leben erweckt. Gerne hätte man noch weitere Oldies gehört - war aber nicht drin. Kurz nach 1 Uhr war Schicht im Schacht. Mein Beileid denen, die noch einen weiten Nachhauseweg anzutreten hatten und am Folgetag arbeiten mußten .... Eines noch: Wenn ich im Nachhinein das Konzert Revue passieren lasse, denke ich doch, mir sei aufgefallen, das Bernhard nicht ein einziges Mal seinen Kultspruch ... bis die Hände glühen! vom Stapel gelassen hat. Schade.
Setlist KAMELOT:
Forever
|
Setlist AXXIS:
Eyes of Darkness |
Text & Fotos by
Harry "Prometheus" Fischer
Wir möchten uns bei
Walls of FIRE
für diesen Beitrag bedanken !!
Axxisworld
Hier das nächste Live Review aus Köln